Auf ein Schnitzel mit dem Mann, der unser neuer Bürgermeister werden will

von
Temi Tesfay

Kaum zehn Sekunden steht Frank Imhoff im Lokal, da haut er schon den ersten Witz raus. Gastgeber Kurt Spille ist amüsiert, beide wirken wie alte Sandkastenkumpels. Als Nächstes blickt der Bremer Bürgerschaftspräsident in den vollen Speiseraum und wünscht allen Gästen erstmal 'nen guten Hunger. Grinsen überall.

Keine Frage: Imhoff hat hier Heimspiel. Zum einen, weil er nur wenige Hundert Meter vom Restaurant “Zur Ochtumbrücke” in Strom aufgewachsen ist und lebt. Zum anderen, weil dieses Haus durch und durch CDU ist: gutbürgerlich, traditionelle Hausmannskost und vorsichtig bei vegan.    

Ich wollte wissen, wie der Mann, der nun Bremens neuer Bürgermeister werden möchte, wirklich tickt, und freue mich, dass er sich die Zeit für ein  Mittagessen genommen hat. Ich bestelle eine vorzügliche Scholle mit Salzkartoffeln, Imhoff trinkt eine Cola zero und wählt Schnitzel mit Pommes, Mayo und Ketchup. 

Wir sitzen in einem Fischrestaurant und Sie essen Schnitzel. Warum?

“Ich liebe es beim Essen bodenständig. Wenn ich hier bin, esse ich sehr gerne einfach Schnitzel mit Pommes. Fisch ist leider nicht mein Geschmack, das habe ich von meiner Mutter geerbt. Deshalb ist Schnitzel mit Pommes für mich ein klassischer Genuss.”

Sie sind seit einigen Jahren Follower von Bisschen Bremen. Ich sehe oft, dass Sie unsere Stories anschauen und frage mich, was wohl Ihre Lieblingsläden sind. 

“Mein Lieblingslokal ist hier bei Kurt Spille. Die halbe Stadt kommt her, um gutes, bürgerliches Essen und Fisch zu genießen. Ich mag auch das VaiVai, weil es für die ganze Familie etwas Leckeres wie Burger und Steaks gibt, und das Napoli, weil dort die leckersten Tortellini in Sahnesoße serviert werden.”

Ich wollte eigentlich fragen, was Sie essen, wenn Sie sündigen wollen. Vielleicht sollte ich eher fragen, was Sie essen, wenn Sie ausnahmsweise nicht sündigen.

“Wenn jemand nach meiner Schwäche fragt, sage ich, dass ich gerne deftig esse. Ich habe mal 110 Kilo gewogen. Das ist jetzt schon fast zehn Jahre her. Damals hat mir der Arzt die rote Karte gezeigt und ich musste etwas verändern. Jetzt esse ich weniger und wiege um die 82-83 Kilo.”

Ihr Hof ist fußläufig von diesem Restaurant erreichbar. Sie sind Landwirt und haben einen Milchviehbetrieb. Wussten sie immer, dass sie den Familienhof übernehmen wollen?

“Die Entscheidung, den Hof zu übernehmen, ist im Laufe der Zeit gereift. Mit 15 fragt man sich natürlich, wohin das Leben einen führen wird. Aber ich bin auf dem Hof groß geworden und habe mein ganzes Leben dort verbracht. In meiner Kindheit haben wir immer etwas getan, nicht gezwungen, aber wir haben mithelfen müssen. Das war auch in Ordnung, es war ein Familienprojekt, bei dem alle mitgearbeitet haben.”

Wie kann man sich einen typischen Tag als Politiker und Landwirt vorstellen?

“Morgens stehe ich um 6 Uhr auf, gehe erstmal eine Stunde in den Stall, um nachzuschauen, ob alles läuft, und bespreche mit meiner Familie, was anliegt. Dann fahre ich zur Arbeit oder zu politischen Terminen. Abends komme ich spät zurück, ziehe mich um und gehe nochmal in den Stall, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist und das Futter bereit steht. Dann ist Feierabend.”

Wie fühlt es sich an, auf einem Hof zu leben, der mehr Generationswechsel erlebt hat als unser Bundesland Regierungswechsel?

“Durch meine stärkere Beschäftigung mit der Politik habe ich das Leben auf dem Hof noch mehr schätzen gelernt. Es ist wahr, dass Gewohnheiten entstehen, wenn man etwas täglich vor Augen hat. Aber wenn man es nicht so oft hat, schätzt man es mehr. Der Hof ist meine Home Base, und ich würde alles tun, um sicherzustellen, dass wir immer dort bleiben können. In Bezug auf die Regierung glaube ich, dass die Menschen derzeit das Gefühl haben, dass ihre alltäglichen Sorgen nicht mehr gelöst werden.”

Was meinen Sie konkret?

“Ich meine, dass nicht genug für Bildung und gegen Armut getan wird, und viele Menschen fühlen sich nicht mehr sicher in unserer Stadt. Das beschäftigt die Menschen und sie warten – oft schon viel zu lange – darauf, dass diese Probleme gelöst werden. Das Zutrauen, dass die aktuelle Regierung das schafft, ist bei vielen weg. Deshalb glaube ich, dass wir den Regierungswechsel schaffen werden. Und wer das nicht glaubt, dem sage ich immer: Irgendwann reißt jede Serie.”

Sie sind mit 25 Mitglied der CDU geworden. Was war ihr Beweggrund?

“Ich wollte mich hier einbringen, besonders im Dorf. Ich war bei der Freiwilligen Feuerwehr und habe mich geärgert, weil es immer Diskussionen gab. Damals habe ich beschlossen, dass man etwas tun muss, anstatt nur zu meckern. Deshalb habe ich mich engagiert.”

Frank Imhoff in seinem Lieblingsrestaurant Zur Ochtumbrücke"

Warum die CDU?

“Die CDU ist meine Familie durch und durch. Wenn ich etwas anderes sagen würde, wäre es gelogen. Ich glaube auch, dass die CDU wie eine Familie ist, mit unterschiedlichen Meinungen und Diskussionen, aber am Ende mit einem gemeinsamen Fundament. Wir sind eine breite Volkspartei, in der sich viele Menschen wiedererkennen, oft mehr als sie vielleicht denken.”

In Bremen haben 37% Migrationshintergrund, bei ihrer Kandidierendenliste sind es gerade mal 10%. Wieso glauben Sie, dass die CDU die Stadt gut repräsentieren kann?

“Ich glaube, in der Vergangenheit haben wir uns als Partei insgesamt vielleicht nicht genug den Lebensrealitäten in den Städten geöffnet. Das hat sich aber geändert. Man kann das aber nicht nur an Personen festmachen. Muss ich einen Migrationshintergrund haben, um Migrationspolitik machen zu können? Für mich spielt es eine viel größere Rolle, dass wir die höchste Armutsquote in Deutschland haben, die leider überdurchschnittlich viele Migranten trifft. Und da frage ich mich, wo ist die Sozialpolitik? Ich glaube, dass wir die Menschen schnell integrieren müssen.”

Aber wie wollen Sie besser im Großen integrieren, wenn Sie es nicht mal selbst schaffen, im Kleinen in Ihrer Partei mehr Menschen mit Migrationshintergrund zu integrieren?

“Schauen Sie, wenn wir innerhalb der Partei mehr Menschen mit Migrationshintergrund haben, dann sind wir auf dem richtigen Weg. Aber so etwas kann man nicht erzwingen, daran muss man arbeiten, und das tun wir.”


Sie sind 54 Jahre alt, könnten in der populären Rolle als Bürgerschaftspräsident theoretisch den Höhepunkt Ihrer Karriere sehen, zufrieden sein und Ihr Leben genießen. Woher der Hunger nach mehr?

“Diese Frage hat meine Frau auch gestellt. Ich werde Ihnen die Antwort geben, die ich ihr gegeben habe. Solange ich mich noch über die Probleme dieser Stadt aufregen kann, habe ich die Berechtigung, in der Politik aktiv zu sein. Und so lange möchte ich auch etwas für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes verändern und für unser großartiges Bundesland einen Neuanfang starten.”

Angenommen, es endet wie beim letzten Mal und Sie werden die stärkste Kraft. Haben Sie Angst, dass es zu einem Déjà-vu kommt, die SPD in einer anderen Konstellation weiter regiert und Sie wieder in der Opposition landen?

“Diese Frage bekomme ich immer wieder, aber meine Antwort entwickelt sich stetig.”

Dann können Sie jetzt ja die vorläufig beste geben. 

“Beim letzten Mal hat die SPD von vornherein ausgeschlossen, mit uns zu sprechen, was ich im Übrigen ziemlich undemokratisch fand. Im Gegensatz zum letzten Mal hat die SPD das diesmal nicht getan. Daher haben wir sowohl mit der SPD als auch mit den Grünen zwei Parteien, die offen sind, mit uns ins Gespräch zu kommen.”

In Ihrem CDU-Programm wird das Thema Gastronomie nur erwähnt, wenn es um die Verlängerung der Sondernutzungserlaubnisse für Außenflächen bis 2024 geht. Haben Sie sonst keine Pläne für die Gastro?

“Als lebensfrohe Partei, die kulinarischen Genüssen und Feierlichkeiten sehr zugetan ist, können wir uns ein Leben ohne Gastronomie kaum vorstellen. Klar ist für mich: Wir brauchen eine starke Gastronomie – dafür braucht es gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen und Fachkräfte.

Ich möchte, dass Bremen wieder das Zentrum des Nordwestens wird. Sie sollen hierherkommen, um Gesundheit, Kultur und Kulinarisches zu erleben, aber auch, um ihre Zeit in Straßencafés, beim Einkaufen und bei anderen Aktivitäten zu verbringen.”

Zum Schluss haben wir noch einige Blitzfragen für Sie: Rollo oder Knipp?

“Knipp - sehr lecker.”

Was bevorzugen Sie zur Milch: Cornflakes oder Müsli?

“Ehrlich gesagt, keines von beiden. Ich trinke die Milch lieber pur.”

Natürlich. Werden Sie am Wahlabend mehr trinken, wenn Sie gewinnen oder wenn Sie verlieren?

“Wenn ich verliere.”

Wenn Sie die Wahl verlieren, werden Sie…

“Weiterhin in der Bremer Politik aktiv sein.”

Am amtierenden Bürgermeister schätze ich sehr, dass…

“Wir stets auf Augenhöhe miteinander reden können.”

Die Bremer Innenstadt ist…

“In den letzten Jahren leider heruntergewirtschaftet worden.”

Das letzte Mal so richtig abgeschossen habe ich mich…

“Im letzten Jahr im Oktober.”

Am meisten Halt im Leben gibt mir…

“Meine Familie.”

APPETIT AUF BREMEN?

Hol dir die Bisschen App!

Als günstiges Abo oder Jahrespass

Im 1. Monat kostenlos über 100 Rabattdeals probieren, danach schon ab 1,99€ pro Monat. Direkt via App buchbar.

Jetzt App downloadenZum App-Abo

Als regionaler Benefit für Firmen

Mit unserer App haben Firmen die Chance, ihren Teams Hunderte lokale Top Benefits zu schenken.

Mehr erfahrenZum Onlineshop